Frauen-Organisationen schweigen zu Franziska Biners Kandidatur – bis jetzt
Donnerstag, 23.01.2025, Walliser Bote
Der Verein vonIris äussert sich erstmals zum Entscheid der Zermatterin, für den Staatsrat zu kandidieren. Und auch eine weitere bekannte Gleichberechtigungs-Aktivistin äussert sich.

Mitte Dezember hat die Mitte Oberwallis Franziska Biner für den Staatsrat nominiert. (pomona.media/Alain Amherd)
Im März stehen Staatsratswahlen an. Dann wird sich zeigen, ob die Walliser Kantonsregierung weiterhin eine reine Männerbastion bleibt. Nach dem Rückzug von SP-Staatsrätin Esther Waeber- Kalbermatten nahm in den vergangenen vier Jahren keine Frau am Tisch des Staatsrats in Sitten Platz. Sechs Kandidierende, darunter eine Frau. Wäre es nach der neo – Die sozialliberale Mitte gegangen, wären es entweder sieben Kandidierende, darunter eine Frau. Oder sechs Kandidierende – und keine Frau. Denn die Gelben wollten Thomas Egger ins Rennen um die Walliser Regierung schicken. Damit hätten sie die erst zweite Staatsrätin im Wallis verhindert. Doch aus den feministischen Kreisen blieb es still.
Der Widerstand gegen Eggers Kandidatur und die öffentliche Unterstützung für Franziska Biner blieben aus. Und das, obwohl unter anderem der Verein vonIris in der Vergangenheit bewiesen hat, dass er durchaus einen Einfluss hat. So setzte er beispielsweise im Sommer 2024 ein grosses Frauenanliegen durch: Gemeinsam mit zig anderen Akteurinnen wehrte sich der Verein erfolgreich gegen den verurteilten Sexualstraftäter Yannick Buttet an der Spitze der Walliser Tourismuskammer.
VonIris spricht Wahlempfehlung aus

«Es ist nicht unsere Rolle, uns zu Nominierungen der Parteien zu äussern.» Priska Dellberg, Vorstand Verein voniris
Doch warum blieb der Verein im Prozess der Nominierung von Biner oder Egger so still?
In den Statuten des Vereins steht geschrieben: «Er ist politisch und konfessionell unabhängig. » Und auf diese Passage verweist Priska Dellberg, Vorstandsmitglied vonIris, auf Anfrage. Der Verein zähle Mitglieder aus dem gesamten politischen Spektrum – von links bis rechts sowie auch apolitisch. Dellberg sagt daher: «Es ist nicht unsere Rolle, uns zu Nominierungen der Parteien zu äussern.»
Und der Eindruck von aussen täusche – Franziska Biner habe durchaus die Unterstützung des Vereins vonIris, bei welchem sie auch Mitglied ist. «Wir werden uns in den kommenden Wochen an unsere Mitglieder wenden », sagt Priska Dellberg weiter, «und sie dazu aufrufen, Frauen zu wählen.» Und dass mit Franziska Biner eine Frau in einer aussichtsreichen Position sei, um in den Staatsrat zu ziehen, freue den Verein sehr.
Immer wieder war im Prozess bis zu Biners Nominierung Mitte Dezember zu vernehmen, sie sei zu jung. Oder es fehle ihr an Exekutiverfahrung. Vorwürfe, welche sich Mathias Reynard oder Frédéric Favre nicht anhören mussten. Dabei war Reynard bei seiner Wahl in den Staatsrat sechs Jahre jünger, als es Franziska Biner heute ist. Und Frédéric Favre zog von der Personalabteilung der Migros Wallis direkt in das oberste politische Gremium des Kantons.
Priska Dellberg sagt, wenn einer Frau aufgrund ihres Alters Kompetenzen abgesprochen würden, müsse man sich entschieden wehren. «Aber wir hatten nicht das Gefühl, dass dies bei Franziska Biner in einem Ausmass der Fall war, dass wir uns an ihre Seite stellen mussten.» Als sich der Verein im vergangenen Sommer gegen Yannick Buttet an der Spitze der WTK gewehrt hat, verurteilten die Oberwalliser Parteipräsidien die Wahl Buttets scharf. Ausser Franziska Biner. Priska Dellberg war bei der Bewegung gegen Buttet eine der ziehenden Figuren. Dass Biner sich nicht an ihre Seite gestellt hat, halte sie ihr nicht vor.
«Das war Franziska Biners persönlicher Entscheid – niemand macht ihr deshalb Vorwürfe », so Dellberg. Dass sich Biner hinter Buttet gestellt hat, ändere nichts an der Unterstützung des Vereins vonIris für ihre Kandidatur. Neben Priska Dellberg war unter anderem auch Danica Zurbriggen Lehner an der Spitze des Widerstands gegen Yannick Buttet. Sie sieht Biners Position in der Geschichte etwas anders.

«Ich bin überzeugt, dass sie das Potentzial hat, in die Funktion hineinzuwachsen.» Danica Zurbriggen Lehner, neo-Politikerin
«Ich war damals sehr enttäuscht über Franziska Biners Äusserung – sie hat die Wahl damals noch in Schutz genommen », so Zurbriggen Lehner. Mittlerweile hat Biner ihre Aussage bei Kanal9 revidiert. Doch Danica Zurbriggen Lehner hält fest, dass auch dabei das Verständnis gegenüber der Sicht der Opfer mit keiner Silbe zum Ausdruck gekommen sei. Nichtsdestotrotz sagt sie aber: «Franziska Biner hat meine absolute Unterstützung. » Aus der Perspektive der Gleichstellungs-Aktivistin wenig überraschend. Aber aus jener der neo-Grossratskandidatin umso mehr.
Geschlecht versus Partei – ein klarer Fall
Danica Zurbriggen Lehner sagt, dass in ihrer Brust durchaus zwei Herzen schlagen würden. Eines für die neo – Die sozialliberale Mitte und das andere für die Gleichstellungsanliegen. «Es war nicht fair, wie Die Mitte Oberwallis mit der neo umging – doch als klar war, dass die Schwarzen eine Frau nominieren würden, war klar: Ich werde mich nicht wehren.» Zurbriggen Lehner ist es wichtig, dass im Staatsrat mindestens eine Frau vertreten ist. Sie sagt: «Die Geschlechterinteressen sind genauso wichtig wie jene der Partei – und wenn ich mich entscheiden muss, dann für die Interessen der Frau.»
Während der Diskussionen rund um die Frage, Egger, Biner oder beide? war es seitens Danica Zurbriggen Lehner ungewohnt still. «Sicherlich äussere ich mich meistens zu solchen Themen – doch ich bin nicht mehr im Vorstand der neo. Daher ging mich die Kandidatenfrage nichts an.» Sie habe die Sache laufen lassen und beobachtet. Und auch als von Zurbriggen Lehners Partei und anderen Akteuren Vorwürfe Richtung Biner laut wurden, sie sei zu jung und unerfahren, schwieg Danica Zurbriggen Lehner. Sie sei nicht besser als andere – «auch ich habe zu mir gesagt: Es wäre schön, wenn sie etwas mehr Exekutiverfahrung mitbringen würde.»
Nun ist Franziska Biner im Wahlkampf um den Staatsratssitz und Zurbriggen Lehners Unterstützung hat sie. Doch Letztere sagt, dass sie bei Franziska Biner wenig Einsatz für Frauenanliegen wahrgenommen habe. Es reiche nicht, wenn Die Mitte Oberwallis viele Frauen nach Sitten schicken würde – diese müssten sich auch für die entsprechenden Anliegen einsetzen. Und da habe auch Franziska Biner noch Potenzial. «Aber sie kann dieses Gespür sicherlich noch entwickeln – und ich bin überzeugt, dass sie das Potenzial hat, in die Funktion als Staatsrätin hineinzuwachsen », so Zurbriggen Lehner.
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Anmerkung der WB-Redaktion: Das Frauennetzwerk Oberwallis sowie die Unia Frauen Oberwallis waren bis zum Redaktionsschluss nicht erreichbar.